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Reiseberichte:
Inselflug 2003Der gemeinsame Jahresausflug der UL-Flugschule sollte uns dieses Jahr wieder einmal unter den Fittichen von Elvira und Georg zur Ost- und Nordsee führen, die damit auch die Streckenabschnitte und die Übernachtungen sorgfältig planten. Als Leckerbissen hatte Elvira einen kleinen Umweg über Dänemark vorgesehen, schon ein Stück Arbeit, um die obligatorische Einfluggenehmigung rechtzeitig in der Tasche zu haben. Da eine solche Tour auch immer ein tolles Erlebnis und viel Neues verspricht, haben sich an die vier Maschinen der Flugschule gleich noch ein Motorsegler, meine P92 und vier extra dafür aus Belgien angereiste UL'er mit ihren Maschinen drangehängt ...Am Freitag morgen
herrscht schon vor Platzöffnung geschäftiges
Treiben, zwei Kappas, drei P92, eine P96, eine MCR01 und eine Zodiac
601 werden bereitgestellt. Nochmals ein kurzes Briefing, dann rollten
kurz nach acht Uhr die ersten Flugzeuge zum Start. Uns vier Tecnams
wurde ein großzügiger Vorsprung eingeräumt, dann starteten
die beiden Kappas in ihrer charakteristischen "Invasionsbemalung"
- Silber mit schwarzen Streifen - und in deren Gefolge noch die Zenair
und die schnelle MCR01. Der Flug verläuft ruhig und wir fliegen
der Hitze noch etwas voraus, auch GAFOR verspricht uns neben einer Nullgradgrenze
oberhalb FL 100 für die nächsten sechs Stunden "Blau".
Die Wartburg bei Eisenach zieht unter uns vorbei, weiter führt
uns die Strecke an Mühlhausen und Obermehler vorbei, wo schon fleißig
die Kunstflieger am Himmel turnen. Der Harz taucht aus dem Dunst auf,
als sich die Crew des MOSE im Funk meldet, um uns besser zu finden -
also doch nicht verschlafen, nur eben etwas gemütlicher, aber warum
auch nicht? Kaum sind wir an Ballenstedt vorbei, schält sich eine
riesige Asphaltpiste aus der Landschaft. Es ist Cochstedt mit seiner
tollen Landebahn und einem neuem Gewerbegebiet, nur leider steht alles
leer, außer Spesen eben nichts gewesen! Dann geht's weiter Richtung Peenemünde. Wir fliegen an Kyritz vorbei, wo zahlreiche Segelflugzeuge am Himmel die Blauthermik suchen. Weiter führt uns die Strecke östlich am ED-R51 vorbei Richtung Tutow, um die vielen kleinen Seen der mecklenburgischen Seenplatte genießen zu können. Alleine die Vorstellung, bei den herrschenden Temperaturen darin zu planschen, ist verlockend. Aber auch die Sicht aus unserer Vogelperspektive reizt, die Aussicht ist so richtig um die Seele baumeln zu lassen. Unser nächster Wegpunkt Tutow mit seiner gewaltigen Piste ist erreicht, aber auch hier kein Betrieb, obwohl die Mittagszeit gerade eben vorbei ist, ist wohl allen da unten etwas zu heiß? Jetzt drehen wir mit 53 Grad auf direkten Kurs nach Peenemünde. Der schon von weitem sichtbare, aber außer Dienst gestellte Atommeiler taucht auf, das Sperrgebiet um ihn herum gilt es zu beachten. Als die ersten Peenemünde anfunken wollen, gibt's erst mal Verwirrung! Da steht ja gar keine Frequenz auf dem Anflugblatt und auf der ICAO-Karte ist auch keine vermerkt! Aber der Flightplanner hat eine mit ausgedruckt, Gott sei Dank. Aber dann: Es antwortet niemand! Elvira dazu später: "Ich schaue in meinen Unterlagen nach - Mist, der Platz ist PPR! Das hatte ich mir aber bei so einem großen Platz einfach nicht vorstellen können!" Ich rufe zwischenzeitlich Berlin Information, um mich über die Richtigkeit der Frequenz zu vergewissern, sie stimmt. Kurz darauf ist aber dann doch noch eine freundliche weibliche Stimme am Funk zu vernehmen. Um nun nicht wie die Heuschrecken auf Peenemünde einzufallen, was letztendlich aber doch passiert, fliegt Elvira mit Georg in der Kappa noch eine kleine Runde über das nordwestliche Usedom.
Kurz vor 18 Uhr ist das letzte unserer nun zehn Flugzeuge starken Formation in der Luft, nach zwanzig Minuten ist unser letztes Ziel für den ersten Tag erreicht. Wieder ist es eine angenehme Frauenstimme, die uns auf Anklam Info empfängt und auch mit unseren Belgiern souverän umgeht. Ob hier wohl öfters so ein Verband einfällt, dessen Flugzeuge so internationale Kennungen wie D- MVEK, F-JFLD oder OO-E07 tragen?. Im Quartier am Flugplatz kommen fast alle
unter, drei Besatzungen bauen direkt neben ihrem Flieger ihre Zelte
auf.
Elvira berichtet: Ein Funkspruch von Jörg: seht Ihr da unten meine Putzfrau? Ein größeres Schiff zieht auf der Ostsee seine Bahn, hinter sich eine Gischtspur ziehend. Kaum fünf Minuten sind vergangen, seit die deutsche Küstenlinie unter uns verschwunden ist, als ich Georg frage: Siehst du auch was ich sehe? Ja wirklich, die dänische Küste ist klar zu erkennen! Wir genießen den ruhigen Flug mit guter Sicht. Ein Blick zurück, oje, gegen die Sonne ist die deutsche Küstenlinie nicht mehr gut auszumachen, nach Südosten wäre es jetzt nicht so schön zu fliegen! Nach siebzehn Minuten erreichen wir die dänische Küstenlinie, im Wasser ein großes Feld mit Windrädern. 72 Stück, kommt es aus dem Äther, aha, einer hat da gut mitgezählt! Nun also haben wir wieder festen Boden ein paar tausend Fuß unter uns. Weiter führt uns die Route über Lolland zum Flugplatz Lolland-Falster. Hier drehen wir wieder auf "Heimatkurs", entlang der Fährverbindung Rödby-Puttgarden geht es zurück nach Deutschland. Über dem Festland wollen wir eigentlich etwas tiefer fliegen, aber die Thermik nimmt Besitz von uns, deswegen bleiben wir doch lieber in 3000 ft. Eine halbe Stunde später sind wir im Landeanflug auf Neumünster, um etwas Sprit nachzufüllen, die MVEK und die MULY sind schon da. Unser Pulk aus 10 Maschinen bringt den kleinen Platz doch etwas durcheinander, der Windenfahrer schickt uns hinter die Tankstelle zum Abstellen, die Flugleiterin behält zwar die Nerven bei all den exotischen Kennungen sowie dem internationalen Gefunke, aber man merkt ihr doch an, dass sie froh ist über jeden, der ihren Platz wieder verlässt. Bald erreichen wir die Elbe-Mündung und ab jetzt ist wieder viel Wasser unter uns, allerdings unterbrochen von Halligen und Sandbänken, außerdem ist linker Hand immer Festland zu erkennen. Als wir kurz vor Wangerooge sind, schaue ich nach Norden und sage zu Georg: Da ist Helgoland! Jawohl, er sieht es auch, die typischen zwei Teile von Helgoland und Helgoland-Düne ragen aus dem Wasser heraus. In diesem Moment fragt Jörg, der Einsamkeit in der P92 nicht so ganz gewachsen: MZZM, wo seid Ihr? Ich antworte spontan: querab Helgoland"! Irgendwann will ich dort auch noch mal mit einem UL landen, doch im Moment ist es für uns (noch) nicht offen. Nun heißt es schon wieder Frequenz wechseln auf Juist Info - und bitte den Pulk entzerren für die Landung! Aber das ist nicht so einfach, es wollen ja auch noch andere außer uns Juist anfliegen. So muss Marion drei Kreise ziehen, um irgendwo zwischenrein zu können und auch wir warten ab, sehen uns die schöne Inselwelt noch etwas von oben an. Juist ist voll mit Flugzeugen aller Art, gut, dass wir vorher angerufen hatten. Im Süden der Bahn machen wir eine neue Parkreihe auf, stellen die Maschinen ab und dann schnell, schnell zum Restaurant und etwas Kühles getrunken bei der Hitze. Den Flugleitern wird noch ein schöner Gruß von unserem Flugleiter Manni ausgerichtet, der früher hier Dienst getan hat, ja und dann noch zehn Minuten laufen, bis es ab in die erfrischenden Fluten der Nordsee geht, die in diesem Jahrhundertsommer angenehme Temperaturen bietet. Der Abend naht und wir müssen Abschied
vom Meer nehmen. Für den Rückflug am Sonntag haben wir zwei Routen zur Auswahl: über Damme, östlich an Paderborn vorbei oder über Nordhorn westlich des Ruhrgebietes mit Zwischenlandung in Erkelenz-Kückhofen. Wir entscheiden uns für die westliche, da hier auch die Belgier in Richtung ihrer Heimat mitfliegen können. Doch schon auf halbem Weg spielt uns der Dunst, der sich zu Wolken in ca. 1800 ft MSL zusammendrängt, einen Streich. Es kommt Hektik auf im Funk: Ich nehme Kontakt mit Nordhorn auf: Doch dort sieht man die Baumspitzen kaum vom Tower aus! Also was tun? Die Alemannen entscheiden sich für einen Links-Schwenk und als neues Ziel für Damme. Elvira teilt die Entscheidung den mitfliegenden Belgiern mit: "New destination EDWC"! Was folgt, ist eine aufgeregte Debatte in dem den meisten von uns unverständlichen Französisch, mitfliegen nach EDWC oder umkehren nach Conneforde? Dank GPS entscheiden sie sich für Damme. Aber noch bleibt der Puls etwas erhöht, die Sicht wird nicht viel besser, nur im Norden ist es offen. Die vier Tecnams und die Kappa sind noch in Sichtkontakt, wird man auch keinen übersehen? Ich kündige per Funk an: Wenn die Sicht noch schlechter wird, drehe ich nach links ab! Kaum bin ich mit der Meldung fertig, bin ich zum Abdrehen nach links gezwungen, die Sicht war rapide schlechter geworden, die Landschaft unter mir ist nur noch schemenhaft zu erkennen. Doch das Fenster nach Norden ist offen, ein kurzer Steigflug und schon ist wieder eine Sicht, als wäre nichts gewesen. Jetzt heißt es, sich zuerst einmal zu sammeln. Unter uns liegt in der Morgensonne der Segelflugplatz von Quakenbrück und Kraftstoff haben wir auch alle genügend. Da im Südosten die Sichtverhältnisse besser zu sein scheinen, fliegen wir in diese Richtung bis zur Autobahn, der wir dann wieder nach Damme folgen können. Doch je näher wir wieder an den Platz kommen, umso bescheidener wird die Sicht wieder. Unter mir ist jetzt genau die A1 mit der in der ICAO-Karte eingezeichneten Überführung erkennbar, von hier muß ich den Platz überfliegen, wenn ich genau 90 Grad fliege. Das GPS meldet noch drei Minuten, doch wo ist die Bahn? Da kommt vom Boden ein QDM von 90 Grad - au backe, wie war das noch mit dem QDM? Doch die 90 Grad stimmen, Sekunden später liegen die 700 Meter Asphalt links von mir. Eine kleine Korrektur und etwas sinken, schon sind wir wie im Gänsemarsch im Gegenanflug auf die 29. So nach und nach fallen wir alle hier ein, auch unsere Freunde aus Belgien haben den Platz gefunden. Auf dem Vorfeld dann noch eine Überraschung, der MOSE hat sich auch wieder eingefunden, seinem Direktflug von Westerfelde nach EDFC standen die Nebel eben auch im Weg.
Nochmals tanken wir alle Maschinen nach, obwohl wir noch genug Super für die zweieinhalb Stunden Flug in den Tanks haben, doch sicher ist sicher! Um 11:30 UTC sind wir alle wieder in der Luft, die fünf UL's und ein MOSE Richtung Aschaffenburg und zwei Kappas, eine MCR01 und eine Zenair Richtung Brüssel. Noch ist die Sicht nicht so berauschend, aber nach dem Wiehengebirge wird es besser und besser; kurz vor Bad Pyrmont braucht uns das Wetter keine Sorgen mehr zu machen. In der Ferne sind schon die Kasseler Berge zu erkennen, also mit 180 Grad am Kompaß Direktkurs zum Graner Berg bei Wolfhagen. Hier entscheiden wir uns dann für einen kleinen Umweg über die Edertalsperre. Nach dem für uns Flieger so herrlichen Sommer sieht der Stausee schon seltsam aus: Man vermeint die einst gefluteten Dörfer zu erkennen, so wenig Wasser befindet sich im Stausee. Ganze Abschnitte des Sees liegen trocken, aber so ist es eben, des einen Freud, des andern Leid! Plötzlich sind im Funk wieder ein paar aufgeregte, ausländische Wortfetzen zu vernehmen, ob das vielleicht unsere Belgier sind? Elvira versucht mit ihnen Kontakt aufzunehmen, und tatsächlich sie sind es! Nach ein paar Wetterwidrigkeiten hatten sie eben die Grenze nach Belgien überflogen. Nochmals ein mehrstimmiges "Merci" und von unserer Seite ein "Bye-bye" - nächstes Jahr sehen wir uns spätestens wieder. Jetzt kann uns aber nichts mehr bremsen,
zielstrebig geht es Eugen Karg |