UL-Flugschule Aschaffenburg


Auf nach Ungarn!

Schon seit Monaten macht es am Flugplatz in Aschaffenburg die Runde, die UL-Flieger haben Ungarn für ihren Sommerausflug zum Ziel! Elvira hatte sich das vorgenommen, und wer Elvira kennt, weiß was das bedeutet! Langsam fügt sich Strecke an Strecke auf den ICAO- und Jeppesen-Karten und Flugplatz an Flugplatz; als UL-Piloten müssen wir den Flug über Tschechien und die Slowakei planen, da uns Österreich noch verwehrt ist. Schon im letzten Jahr waren Elvira und ich mit unseren P92 in Ungarn und hatten das damalige Ziel Matkopuszta in guter Erinnerung. Und noch zwei weitere Gründe festigten den Entschluß für das Ziel Ungarn: Auf unserem Flug im Frühjahr nach Gap lernten wir Tom kennen, der uns von einem netten Flugplatz gleich hinter der ungarischen Grenze berichtete, und: Österreich öffnete überraschend seine Grenzen für uns UL-Schein-Inhaber.

Schnell nahmen nun auch auf der Österreichkarte die zu fliegenden Strecken Gestalt an. Für den ersten Tag wurde der Flug von Aschaffenburg über Schärding, Wiener Neustadt und Fertöszentmiklos nach Tokorcs, Toms Entdeckung, geplant. Der nächste Tag sah dann Budaörs als Zwischenstop vor, bevor es zu unserem endgültigen Ziel Matkopuszta gehen sollte. Für den dritten Tag war ein Ausflug nach Debrecen und wieder zurück nach Matkopuszta vorgesehen, um die Puszta aus der Vogelschau betrachten zu können. Der Rückflug war wieder über Österreich vorgesehen, wobei wir je nach Wetterlage eine andere Strecke fliegen wollten. Nur wenn uns das Wetter einen Flug durch Österreich vermiesen sollte, wollten wir die ursprüngliche Routenführung über Tschechien und die Slowakei nehmen.

Am 4. August ist es endlich so weit, schon lange vor Platzöffnung herrscht am Aschaffenburger Flugplatz reges Treiben: Acht Ultraleichflugzeuge und zwei E-Flieger werden mit dem Notwendigsten beladen und dann noch mal einer eingehenden Vorflugkontrolle unterzogen - stimmt der Öl- und der Wasserstand, sind die Karten an ihrem Platz und ist das GPS bereit? Dann trommelt auch schon Elvira zum Preflight-Briefing: Der Wettergott meint es gut mit uns, nur im Laufe des Nachmittags soll es in den Süd- und Ostalpen zu gelegentlichen Überentwicklungen sprich Gewittern kommen, ansonsten war auf der ganzen Strecke bestes Flugwetter zu erwarten.

Pünktlich um acht Uhr ist es soweit, die vier P92, die P96 und die Kappa aus Aschaffenburg sowie die beiden UL's unserer belgischen Fliegerkameraden, eine Kappa und eine Zenith 601, stehen am Start; die PA28 mit Mike und Jürgen sowie die Mooney mit Reinhard und Bernhard als Besatzung lassen sich da noch etwas mehr Zeit, da sie ohnehin schneller als unsere 85 Knoten-Flieger sind (dafür sind sie aber als Pfadfinder ausgezeichnet). Schnell noch den Magnetcheck durchgeführt, da mache ich den Anfang: "Aschaffenburg Info, D-MVEK, VFR nach Schärding, Rollhalt Null-Acht, abflugbereit"! Mit einem "Start nach eigenem Ermessen" lässt uns Türmer Olaf in den blauen Morgenhimmel hinein entschwinden. Es dauert dann etwas, bis wir uns alle wieder gefunden haben, im Pulk mit acht Maschinen unterwegs zu sein, ist eben gar nicht so einfach, doch wir wollen ja Spaß am Fliegen haben, nicht die Perfektion treibt uns.

Gerade habe ich Würzburg passiert, als ich im Funk die Frage höre, wer denn um so viel höher und zu weit rechts vom Kurs fliege, wer mag wohl diesmal der Ausreißer aus unserer Gruppe sein? Doch zu diesem einen Flugzeug gesellen sich immer mehr, bis insgesamt sieben Herkules majestätisch in einer Linie an uns vorbei ziehen, ob die uns zeigen wollen, dass auch sie im Verband fliegen können? Kitzingen, Neustadt und Roth bleiben unter uns zurück, schon taucht Beilngries mit dem daran anschließenden Altmühltal auf. Rechts ein Blick aus dem Fenster zum Kloster Weltenburg am Donaudurchbruch, links unter uns die Befreiungshalle auf dem Hügel bei Kehlheim, mit Kurs 120° geht es weiter über Dingolfing auf Schärding zu. Schon bald schält sich das Knie der Autobahn mit der Brücke über die Donau aus dem Dunst, in dessen Nähe der Flugplatz Schärding liegt. Auf der 122.70 bekomme ich schnell Kontakt: "Melden Sie den Queranflug Piste 14"; nach zwei Stunden zwanzig sind wir in Österreich.

Nach der Betankung geht es an die Aufgabe des Flugplans nach LHFM, dem ICAO-Kürzel für Fertöszentmiklos. Die aktuelle Wettervorhersage ist sehr gut, was uns die eigentlich für den Rückflug geplante Südroute durch Österreich fliegen lässt: LAMBACH, LOLM, LOGI, LOGT, LOGK, TERNITZ und SOPRON sind die Streckenpunkte auf dem Sammelflugplan. Mittlerweile ist die Gendarmerie mit der Kontrolle unserer Ausweise beschäftigt, obwohl Ungarn jetzt EU-Mitglied ist, muss noch solange eine Grenzpolizeiliche Abfertigung erfolgen, bis auch das Schengener Abkommen für Ungarn gilt. Nach der Übermittlung des Flugplans per Fax muss in Österreich dieser per Telefon noch bestätigt werden, ein Anruf in Linz erledigt das: Der Sammelflugplan für die UL's liegt vor und ist auch akzeptiert, während Mike und Reinhard mit getrenntem Flugplan fliegen.

Um 13:00 sind alle UL's wieder in der Luft und haben hoffentlich auch das ELT auf der Checkliste nicht vergessen! Ich nehme den Kurs auf und rufe Wien Info auf der 124,40 zwecks Öffnung des Fluplans. Nach einem neuen QNH und einem neuen Squawk vom Controller sind wir unter seiner Beobachtung. Ab LOLM, dem Segelflugplatz Michelbach, wachsen die Hügelkuppen langsam immer näher. Noch folgen wir dem Tal, gut markiert durch die Autobahn A9, die immer wieder einmal in einem Tunnel verschwindet. Manch einer aus unserer Truppe wundert sich, wie viel Motorleistung er setzen muss, damit der Flieger noch steigt, während andere wiederum wie ein Ballon wegsteigen! Aber wie war das, am sonnigen Hang geht's rauf, in der Talmitte geht so leidlich, und der im Schatten liegende Hang braucht einen leistungsstarken Flieger, oder?

Wir lassen linker Hand die Eisenerzer Alpen und rechts die Seckauer Alpen hinter uns, Leoben an der Mürz, Bruck an der Mur und dann Mürzzuschlag sind die größeren Städte unter uns, bis dann der Semmering auftaucht. Zwischenzeitlich sind wir auf die 118,52 gewechselt, die uns bis zur Grenze begleitet. Über Ternitz angekommen, in der Ferne ist schon Wiener Neustadt zu erkennen, drehen wir auf 65° am Kompass Richtung Grenze. Links unter uns taucht die Burg Forchtenstein auf und in Flugrichtung voraus ist schon der Sendeturm auf dem Hügel zu erkennen, hinter dem die ungarische Grenzstadt Sopron liegt.

Kurz vor der Grenze meldet sich Wien Info dann mit der Aufforderung auf Budapest Info zu wechseln, ein Dankeschön und Servus, und dann wird die 125,50 gerastet, eine Frequenz, auf der wir die nächsten Tage viel Zuhause sein werden. Kaum habe ich unseren Einflug und die Position gemeldet, werde ich schon an Fertöszentmiklos Info auf der 124,45 weitergereicht - so einfach ist der Einflug nach Ungarn mittlerweile. Linker Hand taucht der Neusiedler See aus dem Dunst, der von Jahr zu Jahr mehr auszutrocknen scheint. "D-EK Down Leg Three Four, Base Leg und schlussendlich Final, nach fünf Stunden reiner Flugzeit von Aschaffenburg aus sind wir auf ungarischem Boden gelandet.

Schnell sind der Flugplan geschlossen, die Flugzeuge aufgetankt, die Einreiseformalitäten erledigt und die Lande- und Grenzpolizeigebühren entrichtet. Wir hatten schon vorab eine Liste mit den Flugzeugkennzeichen, den Namen der Besatzungen und deren Ausweisnummern durchgegeben, das hat uns in Schärding schon geholfen und war auch hier wieder ein Vorteil. Nach einer kurzen Rast sind wir wieder fit für das letzte Tagesziel, dem zwanzig Minuten entfernten Flugplatz Tokorcs, der leider noch nicht im Jeppesen Tripkit enthalten ist. Obwohl wir keine Sorge hatten, den Platz zu finden, bot sich eine lokale Crew an, mit ihrer Cessna 150 uns den Weg zu zeigen. Da sie sowieso einen Schulflug vorhatten, warum sollte er nicht auch nach Tokorcs führen?

Unter Führung der Cessna starten wir der Reihe nach der One Six, mit nahezu gleichem Kurs geht es weiter bis Tokorcs. In 1500 Fuß fliegen wir über das Land, wobei der Cessna-Pilot in verständlichem Deutsch Fremdenführer spielt. Dem GPS nach müssten wir eigentlich gleich den Platz mit der 1000 Meter langen Grassbahn erreichen, doch wo ist er nur, alle Wiesen sehen hier so gleich aus! Erst in dem Moment, wo sich unser Anführer meldet, dass er in den Gegenanflug einfliegt, ist die Bahn mit ihrer Ausrichtung 15/33 zu erkennen.

Nach dem Ausrollen und Abstellen der Flugzeuge werden wir von einem großen Aufgebot in Empfang genommen, während wir uns an einem feurigen Welcome-Drink laben, wird Elvira gleich von der lokalen Presse und einem Kamerateam des einheimischen Fernsehens voll in Beschlag genommen. Schnell sind die Unterkünfte bezogen, kleine Häuschen mit je zwei Betten direkt am Platz oder komfortabler, 3-Bett Zimmer im angrenzenden Dorf. Dann ist das Abendessen angesagt, im großen Speisesaal wartet eine lange und wie im besten Hotel sauber eingedeckte Tischreihe auf uns. Das Essen schmeckt uns bestens und der lokale Wein tut sein Bestes, den Abend nicht lang werden zu lassen. Müde, aber zufrieden und glücklich über das bisher Erlebte fallen wir in die Betten.

Ein herrlicher Morgen mit einem reich gedeckten Frühstückstisch, wie könnte ein neuer Flugtag anders beginnen. Nebenbei werden schon die Flugkarten wieder neu gefaltet, der Kurs nochmals mit dem Flightlog und dem GPS abgeglichen und die Flugpläne mit dem Ziel Budaörs nach Budapest übermittelt, die UL's wie gehabt auf einem Sammelflugplan, die flotten E-Maschinen auf Einzelflugplänen. In Ungarn ist es Pflicht einen Flugplan aufzugeben, wenn zu einem kontrollierten Platz oder in eine TIZ (Terminal Info Zone) geflogen wird. Aber mit etwas Übung haben wir das schnell drauf, nur dass bei der Reiseflughöhe nicht VFR, sondern die echte geplante Höhe eingetragen wird, müssen wir noch lernen. Ein Blick auf die Route und wir entschließen uns für A025, das Kürzel für 2500 ft Höhe.

Kurz nach 10:00 Uhr ist das letzte der 10 Flugzeuge in der Luft und auf Kurs Richtung Budaörs. Ein Anruf auf 125,50 und Budapest Info hat uns wieder unter Kontrolle und wir damit die Sicherheit, gut betreut durch die für uns ungewohnten TSA's geführt zu werden. Der Funkverkehr beschränkt sich aber auf ein Minimum, nur ab und an müssen wir die Flughöhe wegen dem Richtung Budapest doch ansteigenden Gelände korrigieren und damit auch Info melden. Nach 40 Minuten Flugzeit werden wir an Budaörs Info weitergereicht, von wo wir die Landerichtung 09 zugewiesen bekommen mit der Anmerkung, über den Gegenanflug einzufliegen. Das Jeppesen Anflugblatt weist keine Besonderheiten auf, kurz vor dem Abflug am späten Nachmittag sollten wir uns aber fragen, ob das nicht ein Fehler ist ...

Der Bus mit der sprachgewandten Reiseführerin Anna steht schon bereit, uns in einer 3-stündigen Stadtrundfahrt die Sehenswürdigkeiten von Budapest zu zeigen. Nahezu 30 Prozent der Bevölkerung Ungarns leben in dem "Paris des Ostens", das seinen Charme bis heute nicht verloren hat. Wir lernen, dass Budapest aus zwei unterschiedlichen Städten entstand: Der am westlichen Ufer der Donau liegende Teil war das seit 1225 mit Stadtrechten versehene Buda, während der östlich der Donau liegende Teil das 1230 zur Stadt erhobene Pest war. Gerne wären wir noch länger in dieser herrlichen Stadt geblieben, aber die Zeit drängte, da wir ja noch zu unserem endgültigen Ziel Matkopuszta weiterfliegen wollten.

Zurück am Flugplatz fanden wir in dem im Bauhausstil in den dreißiger Jahren erbauten Flugplatzgebäude erst nach einigem Suchen den Aufgang zum Turm. Wieder mussten wir einen Flugplan aufgegeben, dessen Aktivierung aber erst in einer knappen Stunde erfolgte. Dafür sollten wir aber Zeuge eines Spektakels werden, das seinen Weg auch in die internationale Medien fand: Ein lauter Knall erschütterte die Luft und im Augenblick darauf schoss eine riesige Rauchwolke vom am südlichen Flugplatzrand gelegenen Hügel in den Himmel. Die gigantische Wolke wurde immer wieder von neuen Rauchschwaden genährt, zwischendurch konnte man Rauchschweife, wie sie von aufsteigenden Feuerwerkskörpern bekannt sind, erkennen. Herrschte anfangs einige Aufgeregtheit unter dem Flugplatzpersonal und auch uns, ging es alsbald wieder zur normalen Geschäftigkeit über, schon nach kurzer Pause rollten wieder die ersten Flugzeuge zum Start. Auch wir schwangen uns wieder in die Flugzeuge und bekamen denn auch gleich die Ausflugfreigabe, aber mit dem zusätzlichen Hinweis, den Explosionsort in einem Mindestabstand von 2 Kilometern zu passieren. Schon im Querabflug sahen wir dann das Ausmaß des Unglücks, immer noch waren weit verstreute Brandherde um das Brandzentrum auszumachen, dessen Positionen genau im Bereich des Gegenanflugs liegt, in den wir heute Vormittag so sorglos eingeflogen waren. Erst am späten Abend sollten wir dann erfahren, dass sich hier eine Lagerstätte von Feuerwerkskörpern in Schall und Rauch aufgelöst hatte.

In 1500 ft fliegen wir der Donau entlang nach Süden bis nach Dunaújváros und nehmen von da an direkten Kurs nach Matkopuszta (LHMP), fünfzig Minuten nach dem Start setzt die erste Maschine auf der gepflegten, 1200 Metern langen und 100 Metern breiten Grasbahn auf. Schnell werden die Flugzeuge in Reih und Glied abgestellt und verzurrt, der Tag war lang und anstrengend. Leider sind wir bei der Zuteilung der Unterkünfte etwas enttäuscht, eine in der Umgebung stattfindende Reitsportveranstaltung ließ den Besitzer doch glatt vergessen, dass er auch uns ausreichende Unterkunft zugesagt hatte! Doch wir hatten ja Tokorcs noch in der Hinterhand, ein kurzer Anruf dorthin, und die nächsten Übernachtungen waren wieder für dort geplant.

Am nächsten Morgen sind wir mit etwas Verspätung um halb zwölf wieder alle in der Luft und nehmen Kurs auf Jakabzállás, einem nur fünf Minuten Flugzeit entfernten und zumindest aus der Luft bemerkenswerten Flugplatz, der den Luxus eines Wellness-Hotels bietet und Ziel vieler Piloten aus Deutschland und Österreich ist. Mit den schon obligatorischen 1500 ft geht es der Kecskemet MCTR entlang weiter, bis wir an deren Ende den direkten Kurs nach Debrecen aufnehmen. Wir fliegen über eine Landschaft, "wo Himmel und Erde miteinander verschmelzen", nur wenige Dörfer und noch weniger markante Navigationspunkte finden sich hier, das ist ein Teil der so viel gerühmten Puszta.

Beim Annähern an die TIZ Debrecen gibt uns Budapest Info an Debrecen weiter, das auch gleich den Anflug mit "Runway in use zero five right, next report right base leg, QNH one zero two three" freigibt. Per Follow Me werden wir nach dem Abrollen von der Piste zu den Abstellpositionen geleitet, 10 Flugzeuge auf einen Streich sind auch für Debrecen nicht alltäglich. Bald schon taucht der Tankwagen nebst Feuerwehrfahrzeug auf, das stilgerechte Betanken unserer Flotte kann beginnen. Nebenbei wird schon an der neuen Flugroute gebastelt, entgegen unserer ursprünglichen Planung zurück nach Matkopuszta wird der Flugplan nun zurück nach Tokorcs aufgegeben und die Route entsprechend korrigiert.

Mittlerweile sind die ersten Taxis eingetroffen, um uns für einen kurzen Abstecher in die Stadt zu bringen. Debrecen ist die zweitgrößte Stadt Ungarns und war sogar zweimal Hauptstadt des Landes. Viele alte Gebäude und Sehenswürdigkeiten sind Zeuge der wechselvollen Geschichte der Stadt. Lange dürfen wir uns hier allerdings nicht aufhalten, denn für den späten Nachmittag sind Gewitter angekündigt. Nur Reinhard und Bernhard entschließen sich, hier zu Übernachten, so schnell kann man dem Charme der Ostungarn erliegen!

Zurück am Flugplatz bricht dann auch wegen der aus Osten doch schneller als vorhergesagt heranziehenden Gewitterfront hektische Aktivität aus. Die Bodenabfertigungscrew mahnt uns zur Eile, schnell bekommen wir noch das letzte Actual in die Hand, bis auf Debrecen selbst ist das Streckenwetter als gut vorhergesagt. Beim Rollen zur Startbahn zerren dann auch schon die ersten Windböen an den Fliegern, doch dank Debrecen Info läuft der Abflug wie geschmiert: Dem "Formation cleared via alpha to holding point zero five right" folgt nahezu übergangslos "Formation you are cleared for immediate take-off"! Noch im Querabflug durchfliegen wir die ersten Schauer, aber schon beim Ausflug aus der Platzrunde ist der Spuk wieder vorbei, wir sind dem Gewitter entronnen. Ein herzliches Dankeschön an Debrecen Info, Servus, und schon ist wieder Budapest Info unser Partner.

Der Bahnlinie nach Westen folgend geht es in 1500 ft über die Puszta; hier stehen noch allenthalben die einsamen strohgedeckten Bauernkaten, an denen wahrscheinlich der knallrote Paprika hängt. Hier sind noch Storchennester auf den Dächern und die malerischen Ziehbrunnen zu entdecken. Und unter mir stiebt gerade eine Gänseherde auseinander, die noch auf vielen Gehöften den Wachhund ersetzt! Bei Tiszafüred treffen wir auf die Theiß, der wir dann eine Zeitlang folgen. Links und rechts des Flusses dehnt sich sumpfiges Gelände aus, eine Außenlandung möchten wir hier nicht machen müssen. Immer weiter führt uns der Kurs nach Südwesten der Donau zu, die wir dann bei Dunaújvaros (LHDV) überfliegen.

Wie immer bei den von uns in Ungarn aufgegebenen Flugplänen haben wir die Streckenpunkte auch unter dem Gesichtspunkt der Aussprache angegeben, der gerade überflogene Meldepunkt Abony und später Balve sind eben leichter zu auszusprechen bzw. zu buchstabieren als Szászberek und Tatárszentgyörgy. Im Funksprechverkehr hört sich das dann in etwa so an: "D-MVEK, present position BALVE, next LHDV, request status of dangerous area LH-D3" worauf Budapest Info dann lakonisch mitteilt: "Dangerous area not active, crossing approved". Mit 250 Grad auf dem Kompass führt uns der Kurs von Dunaújvaros aus jetzt direkt zum Ballaton, bei uns besser als Plattensee bekannt. Die ungarische Tiefebene weicht ab hier dem abwechslungsreicheren Hügelland, doch dafür wird die Sicht wieder schlechter, immer dichter wird die Wolkendecke, je näher wir dem Plattensee kommen. Als wir uns der TIZ von Siofok näheren, muss ich mich bei Siofok Info melden. Der Controller erzählt etwas von einem Hubschrauber, der irgendwo hier herumfliegt, aber von uns nicht auszumachen ist. Noch haben wir die TIZ nicht verlassen, als Siofok Info sich wieder verabschiedet und mich an Budapest Info zurückgibt; wahrscheinlich will der gute Mann da unten schnell Feierabend machen!

Immer mehr verdunkelt sich der Abendhimmel und ich mache mir schon Gedanken, wie wir am sichersten trocken und schnell nach Tokorcs kommen. Eben höre ich im Radio, wie sich Mike mit seiner PA28 von Budapest Info zwecks Anflug auf Tokorcs verabschiedet. Gerade noch, dass ich ihn auf der Frequenz erwische um nach dem Wetter zu fragen. "Nicht so schlimm wie es aussieht, vor Tokorcs liegen einige Regenschauer, aber am Platz selbst regnet es nicht mehr" ist die Antwort, die etwas beruhigt. Bei Balatonboglár drehe ich vom Ufer ab und überquere den See, der knapp vor dem Genfer See als der größte See Mitteleuropas gilt. Berüchtigt ist der nur 2 bis 3 m tiefe See allerdings wegen der schweren Sommergewitter, die plötzlich aufziehen und gefährliche Sturmböen mit sich bringen. Und da der Himmel immer grauer wurde, wollte ich mit unserer Formation vom See weg, zumal sich auf dem Nordufer die Möglichkeit bot, durch ein Tal an den Vulkankegeln vorbei schnell nach Tokorcs zu gelangen. Doch je näher wir kommen, um so dunkler wird es zwischen den urigen Vulkankegeln, eine Landschaft, die stark an die Strecke von Blumberg über Singen zum Bodensee erinnert!

Ich entschließe mich jetzt weiter über Keszthely zu fliegen, im Notfall können wir ja in Sármellék oder auf dem UL-Platz bei Heviz landen. Über Heviz angekommen, ist im Nordwesten der Himmel nicht mehr ganz so grau, es könnte klappen mit Tokorcs, wenn die Regenwolken nach Osten abziehen. Also auf dem GPS "Direct to Tokorcs" gewählt, den dabei mit 350° abgelesenen Kurs auf dem Flightlog für den Fall der Fälle notiert, und die acht UL sind nur noch gute 50 km vom Ziel entfernt. Ab und an verirren sich einige Regentropfen auf die Frontscheibe, aber insgesamt ist es ein ruhiger und herrlicher Flug in den Abend hinein. Schon taucht am Horizont der markante Hügel auf, hinter dem unser Ziel liegt. Da, rechts von uns ein tolles Naturschauspiel, in einem Regenschleier bricht sich das gleißende Licht der schon tief stehenden Sonne in die schillernden Farben eines Regenbogens. Jetzt noch ein kurzer Funkspruch an Budapest Info "D-MVEK, Formation approaching Tokorcs, request to close VFR Flightplan and to leave frequency", der spontan mit "Your Flightplan closed at seventeen ten, approved to leave frequency, servus" beantwortet wird. Für die schon gelandeten Piloten bietet sich ein faszinierender Anblick, wie ein UL nach dem anderen aus dem Regenbogen heraus zur Landung einschwebt, so schön kann eben nur Fliegen sein!

Für den vierten Tag unseres Ausflugs haben wir einen Wellness-Tag vorgesehen, wir wollen in das neu erbaute Erlebnisbad in Sárvár. Nur unsere belgischen Freunde müssen leider heute schon zurückfliegen, müssen sich aber wegen Petrus noch bis Mittag gedulden. Denn in der Frühe werden wir vom auf das Dach unseres 2-Bettenhäuschens prasselnden Regen geweckt, der erst nach dem aufmunternden Frühstück sich wieder legt. Für uns steht ein vom Platzeigner arrangierter Bus bereit, der uns nach Sárvár zum Erlebnisbad bringt, das von Allem etwas bietet: Saunen, Massagen, Fitness-Studio, bis zu 37° warmes Heilwasser in Hallen- und Außenbecken und nicht zu vergessen Restaurants, Bars und sogar einen Internetraum. Trotzdem haben es einige von uns vorgezogen, eine Pferdekutschenfahrt mitzumachen und Marion wagt sich sogar aufs Pferd für einen ausgedehnten Ausritt. Zurück am Flugplatz lacht schon wieder die Sonne vom Himmel, so daß sich einige von uns einen kleinen Ausflug zu einem bei Dáka gelegen Privatplatz unternehmen - 1200 m feinste Landewiese inmitten von Getreidefeldern, ein Hangar mit anheimelnden Inventar sowie einem über eine Hühnerleiter zu erreichenden Tower, so was tolles müssten wir hier in Deutschland haben!

Der letzte Tag unseres Ausflugs ist angebrochen. Als ich aus unserem Quartier gucke, kann ich kaum die Hand vor dem Gesicht erkennen, so dicht liegt der Nebel auf dem Flugfeld! Doch noch haben wir Zeit, das ausgiebige Frühstück wartet und alle sind dabei guter Laune, dass der Nebel sich zum Abflug lichtet. Es ist nicht leicht, für Österreich gültiges Wetter zu bekommen, das Abrufen der Daten von PC-Met dagegen funktioniert mit PDA und Handy bestens: Für die Strecke ab Schärding verspricht GAFOR blau, sprich C!

Zunächst müssen wir wieder nach Fertöszentmiklos fliegen, um dort offiziell auszureisen und auch den Flugplan nach Schärding aufgeben zu können. Noch sind wir mit dem Losbinden, Beladen und Checken der Flugzeuge beschäftigt, als sich der Nebel lichtet und der blaue Himmel da und dort schon durchguckt. Jetzt noch den Tau vom Flugzeug gewischt und die Scheiben getrocknet, schon sind wir startklar. Beim Abflug mit wackelnden Flächen noch mal ein Gruß an die Mannschaft von Tokorcs - wir kommen bestimmt wieder! Nach knapp 20 Minuten Flugzeit stehen wir der Reihe nach in Fertöszentmiklos an der Tankstelle, um eine Rarität zu geniessen: zollfreien Kraftstoff, was sich allerdings erst ab 40 Liter wirklich lohnt, denn es muß an den Zoll dafür eine Pauschale bezahlt werden.

Eine kleine Überraschung erwartet uns auf dem Turm, als wir den Flugplan aufgeben wollen: Es ist derselbe Türmer, der uns zwei Tage zuvor in Budaörs bei der Flugplanaufgabe unterstützte! So ist die Flugplanaufgabe schnell und unkompliziert erledigt, dem Weiterflug steht nichts mehr im Wege. Nur das aktuelle Österreich-Wetter macht uns etwas Sorgen, es wird von Überentwicklung in den Ostalpen schon im Laufe des Vormittags berichtet. Wir entscheiden uns aber trotzdem dafür, zuerst einmal die im Flugplan aufgegebene Route anzugehen, es ist die gleiche, die wir vor vier Tagen hergeflogen waren.

Doch kurz vor Wiener Neustadt wird immer klarer, dass die geplante Strecke für unseren Formationsflug kritisch wird. Jetzt heißt es, die 1 Meter 40 lange und 60 cm breite Karte im schmalen UL-Cockpit neu zu falten, dabei auch noch zu fliegen und die Richtung beizubehalten, wahrlich kein einfaches Unterfangen, wenn man ohne einen Co fliegt und zudem noch von Budapest Info auf Wien Info mit all den obligatorischen Funksprüchen zu wechseln hat! Schlussendlich hat es aber doch geklappt, die schon bei der Planung alternativ eingezeichnete Route führt uns jetzt über Wiener Neustadt hinweg der Autobahn nach Norden folgend, um auf die nach Westen führende Bahnlinie zu treffen. Nachdem Wien Info über die neue Route informiert ist, kann ich mich wieder voll den Schönheiten des Fliegens widmen. Links die Gutensteiner Alpen, rechts der Wienerwald, bei bestem Flugwetter geht es zügig voran, Wien Info lässt uns in Ruhe. Im Gegensatz dazu bekommen die Mooney und auch die PA28, die mit separaten Flugplänen unterwegs sind, von Wien Info den Hinweis, auf eine vor ihnen fliegende Formation zu achten! "Hallo, ihr da unten" grüßt Mike aus seiner PA28 und Reinhard aus der Mooney lässt uns wissen, dass er uns gleich links überholt - ja so sind sie halt, die lieben Großen!

Gerade haben wir Seitenstetten (LOLT) überflogen, als uns Wien Info ein Direkt nach Schärding gibt. Der neue Kurs führt uns direkt an Hofkirch und am Linzer Flugplatz vorbei und spart uns eine gute Viertelstunde. Diesmal aus Südosten kommend muss der Flugplatz Schärding erst wieder gefunden werden, das GPS zeigt zwar die Richtung und die Nähe des Platzes an, aber wo ist er denn nur? Erst das Anflugblatt lässt den Platz besser finden, hinter einer Waldkante versteckt wartet die 800 m lange Piste auf uns.

Nach der ausgiebigen Jause mit Schmankerln des Innviertels brechen wir zum letzten Abschnitt der Reise auf, in loser Formation, ohne Zwang des Flugplans und des FIS-Kontakts geht es Aschaffenburg zu. Noch einmal das Altmühltal entlang, dann an Beilngries und Ansbach vorbei erreichen wir schon bald wieder bekanntere Gefilde. Die beiden Großen aus unserer Truppe sind schon im Anflug auf Aschaffenburg, als unter uns Niederstetten und später Giebelstadt dahin ziehen. Noch über den Spessart hinweg gehüpft, und schon liegt Aschaffenburg vor uns. Der Reihe nach schweben wir auf die 08 ein, wir sind wieder wohlbehalten daheim. Nahezu 2400 km waren wir unterwegs, haben runde 200 Liter getankt und das Flugbuch weist neun weitere Landungen, sechs neue Flugplätze und sechzehn weitere Flugstunden auf. Wir sind schon einwenig stolz auf uns und unsere UL's, und lassen den rundum gelungen Ausflug auf der Terrasse der Flugplatzkneipe ausklingen. Nur eines haben wir in Ungarn verpasst - wie schmeckt denn der Szegedinger Gulasch? Sicherlich gibt es aber dazu im nächsten Jahr die Möglichkeit, denn nach gut informierten Kreisen plant Elvira schon den nächsten Ungarnflug, wir sind bestimmt wieder mit dabei!

Eugen K.